Am Dienstagnachmittag sollte in der Gesundheitsdeputation eine schon länger im Raum stehende Verordnung zur Bekämpfung von Ratten verabschiedet werden. Doch es kam anders. Nach einleitenden dankenden Worten an das Gesundheitsressort für die Federführung bei dem Thema sorgte Ralph Saxe (Grüne) für eine Überraschung: Die Grünen wollten heute nicht über das Thema beschließen. Der Landesverband der Gartenfreunde habe sich an sie gewandt und erhebliche Bedenken geäußert. "Ich kann das nachvollziehen", sagte Saxe.
Auch im Interview mit dem WESER-KURIER hatte sich Viola Falkenberg, Vorsitzende des Landesverbands der Gartenfreunde Bremen, kritisch geäußert. Die Gartenfreunde befürchten, dass sie künftig ihren Bewuchs rapide zurückschneiden müssten. Hintergrund ist Paragraf 5 der noch zu verabschiedenden Verordnung. Darin heißt es: "Anpflanzungen, die Ratten Unterschlupf bieten können, sind zu kürzen oder zu entfernen, soweit natur- oder pflanzenschutzrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen." Mit der neuen Verordnung sind Grundstückseigentümer und Mieter künftig aufgefordert, bei einem Vorkommen von mindestens zwei Ratten, diese zu melden und für eine professionelle Bekämpfung zu sorgen.
Gebündelte Zuständigkeiten
Auch aus anderen Fraktionen gab es kritische Anmerkungen: Bettina Schiller (FDP) hatte den Eindruck, "hier wird alles auf die Eigentümer und Mieter abgewälzt." Haus- und Gartenbesitzer seien überfordert, das Rattenproblem zu lösen. Heiko Strohmann (CDU) nannte die Verordnung "einen Weg in die richtige Richtung". Vor dem Hintergrund, dass der meiste Müll, der die Ratten anlockt privater Natur sei, sagte er: "Nicht die Stadt macht den Müll." Ole Humpich (FDP) stellte die Frage nach dem Henne-Ei-Prinzip: "Was war zuerst da, der Müll oder die Ratten?"
Mit der neuen Verordnung sollen auch eine Bündelung der Zuständigkeiten und ein einfacheres Meldewesen einhergehen, was bei den Abgeordneten auf positives Echo stieß. So soll es künftig, neben der telefonischen Möglichkeit, ein neues Meldeportal geben, bei dem Bürger die schädlichen Nager melden können. Je nachdem, wo die Schädlinge gesichtet wurden, werden im nächsten Schritt gezielt die zuständigen Stellen wie Hansewasser, der Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienst des Landes (LMTVet), das Ordnungsamt oder Immobilien Bremen verständigt. Bislang müssen Bürger sich selbst um den richtigen Ansprechpartner bemühen. Auch eine Rückmeldung per E-Mail oder SMS soll künftig Standard sein.
Saxe, der nicht davon ausgeht, dass die Kleingärtner aufgrund der Verordnung drastisch roden müssen, sagte: "Wir sollten den Stolperstein aus dem Weg räumen und die Gartenfreunde mitnehmen." Parteiübergreifend war Einigkeit zu vernehmen, die Verordnung auf den Weg bringen zu wollen. Nun soll das Regelwerk, das trotz Verschiebung weiterhin im Oktober in Kraft treten soll, in der Sitzung am 30. September verabschiedet werden.
Tipps gegen Ratten
Unabhängig von der anstehenden Verordnung, die sich gezielt mit Behördenhilfe gegen Ratten richtet, lässt sich schon heute im privaten Rahmen einiges vorbeugend gegen die Nager unternehmen. Julian Emad, Geschäftsführer beim Schädlingsbekämpfer McKill in Bremen, hat mehrere Hinweise parat: "Man sollte keine Essensreste in die Toilette spülen, um Ratten nicht in der Kanalisation anzulocken". Speisereste sollten auch nicht kompostiert werden, sondern im Müll entsorgt werden, rät Emad. Fenster und Türen im Kellerbereich sollten nach Möglichkeit geschlossen gehalten werden und geöffnete Fenster mit einem feinmaschigen Gitter vor Zugang geschützt werden.

Schädlingsbekämpfer Julian Emad weiß, wie sich Ratten fernhalten lassen.
Der Schädlingsbekämpfer empfiehlt außerdem, Gelbe Tonnen und Säcke erst am Vorabend der Leerung an die Straße zu stellen. Das Futter für Enten in Parkanlagen locke Ratten ebenfalls an. Vogelfutter sollte laut Emad in Futterspendern und nicht offen an die Tiere verfüttert werden, um durch heruntergefallene Reste nicht ebenfalls die Nager, die zu den Allesfressern zählen, anzulocken.
"Es ist ein von Menschen gemachtes Problem", sagt Emad über den Ärger mit Ratten. Die Menschen böten ihnen ein Eldorado an Nahrung. Laut Schätzungen leben in deutschen Großstädten ein bis zwei Ratten pro Mensch. Bezogen auf Bremen wären das etwa 600.000 bis 1,2 Millionen Nager. Nach Behördenangaben kann ein Rattenweibchen bis zu sechsmal im Jahr durchschnittlich jeweils acht Junge zur Welt bringen, die nach zwei Monaten geschlechtsreif werden und sich selbst fortpflanzen können. Ein anfänglich kleiner Rattenbefall kann sich daher schnell ausweiten.