Die ersten sechs Wochen seien „sauer“ gewesen, gibt der 65-jährige Michel Heftrich zu. Seit Ende März ist er von Wien aus mit einem vierrädrigen Elektro-Lasten-Fahrrad unterwegs. Das hat zwar einen Überbau, der von vorne vor Regen und Wind schützt. „Aber ich habe keinen Seitenschutz. Von da aus weht es rein“, weist er auf die besonderen Umstände hin. Die Höchstgeschwindigkeit des Rades betrage 25 Kilometer in der Stunde.
Er sei derzeit auf einer Sensibilisierungskampagne, sagt der gebürtige Luxemburger, der nun in Österreich lebet. Was heißt: Als überzeugter Anhänger von Repair-Cafés ist er nach eigener Aussage 136 Tage in zehn Ländern Europas unterwegs, um gut 50 Repair-Initiativen zu besuchen. Etwa die Hälfte der ins Auge gefassten Einrichtungen habe er schon angefahren, sagt er.
Sonnabendnachmittag machte er im Nunatak bei den Blumenthalern Wieder-Instandsetzern Station. „Jedes Repair-Café funktioniert anders“, ist Heftrichs Erfahrung. Bei einigen müsse man sich anmelden, bei anderen nicht. Auch hänge vieles von der Gruppe der Ausbesserer ab. „Mein Hauptziel ist es aber zu assistieren, um etwas dazu zu lernen“, sagt der gelernte Metalldreher. Im Nunatak schaute er deshalb konzentriert Michael Strathkötter über die Schulter, als der einen geöffneten Laptop in Augenschein nahm. Aufgrund des Alters sei da „definitiv“ nichts mehr zu machen, befand schließlich Strathkötter.

Peter Begerow vom Team des Repair-Cafés wechselt einen Fahrradschlauch.
Fünf Männer würden ein Mal im Monat Menschen helfen, um deren kaputte oder nicht intakte Geräte wieder flott zu machen, sagte Heike Schneider, Projektleiterin Klimaquartier Blumenthal. Träger des Repair-Cafés ist ihr zufolge die Evangelische Kirchengemeinde Blumenthal. Das Nunatak stelle die Räumlichkeiten zur Verfügung und die Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau fördere das Projekt, so Schneider. Nach ihren Worten sind im vergangenen Jahr knapp 100 Geräte wieder auf Vordermann gebracht worden. Es seien vor allem Elektrogeräte gewesen wie Toaster, Föhne, Staubsauger und Rasenmäher. Das bestätigte Heftrich mit den Worten: „Ich war auf meiner Tour bei 15 Wasserkochern dabei.“
2012 habe er zum ersten Mal von den Repair-Cafés gehört“, sagt er. 2013 habe er das erste in Luxemburg aufgemacht. „Da habe ich richtig Feuer für diese Projekte gefangen.“ Finanzieren würde er seine Tour selbst. „Das sind 14.000 Euro.“ Auf die Frage, wie sein Umfeld auf seine Idee, mit einem Elektro-Lasten-Fahrrad durch Europa zu reisen, reagiert habe, antwortet der Luxemburger: „Die einen haben gesagt, ich sei wohl verrückt.“ Andere meinten, das sei „eine tolle Idee“. Schließlich wolle er damit ein Zeichen für einen „ressourcenschonenden Alltag“ setzen. Was bedeute, die Kultur des Reparierens wiederzubeleben und ein Bewusstsein für die Kreislaufwirtschaft zu schaffen.
Aufgrund seiner aktuellen Erfahrungen regt Heftrich an, am besten zu zweit zu reparieren. Einer Initiative in München sei das gut geglückt. „Aber dabei muss die Chemie stimmen.“ Zu schätzen weiß er auch die Solidarität unter den Reparierfreunden. Manche riefen sich gegenseitig an, wenn sie nicht weiter wüssten, um sich Hilfe zu holen. Er selbst konnte die Solidarität seiner Gemeinschaft in Blumenthal am eigenen Leib erfahren. Für die Nacht von Sonnabend auf Sonntag habe er noch ein Quartier gesucht. „Da haben sich sofort zwei Leute gemeldet“, sagte Projektleiterin Schneider.

Horst Wrobel, der ebenfalls im Blumenthaler Repair-Café aktiv ist, prüft die elektrische Spannung.
Die nächste Station des Repair-Globetrotters ist Achim. Da habe es im Vorwege schon Kontakte gegeben. Deren Angehörige hätten ihn damit beeindruckt, dass sie sogar per Video-Chat Unterstützung leisteten.