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Katastrophenschutz in Gefahr? "Uns wurde nie zugehört": 53 DRK-Helfer in Delmenhorst schmeißen hin

Eine Rücktrittswelle erschüttert das Deutsche Rote Kreuz in Delmenhorst. Was die Auslöser sind und wie die Hilfsorganisation reagiert.
07.04.2025, 17:50 Uhr
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Von Sebastian Hanke

Unruhiges Wochenende beim Kreisverband Delmenhorst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK): Nach Informationen unserer Redaktion haben am Sonntag 53 von 56 Ehrenamtliche in einer Sammelerklärung ihren Rücktritt aus der DRK-Bereitschaft erklärt. Jene Bereitschaft ist auch Teil des Katastrophenschutzes in Delmenhorst und soll unter anderem als Schnelle Einsatzgruppe bei Massenkarambolagen, Naturkatastrophen oder Großveranstaltungen zur Verfügung stehen.

Ehrenamtliche fühlen sich schlecht behandelt

Beteiligte schilderten unserer Redaktion gegenüber, dass die Sammelerklärung zum Austritt sich in den vergangenen Monaten angedeutet habe. Sie werfen den handelnden Personen beim DRK-Kreisverband Arroganz vor. Die Ehrenamtlichen seien jahrelang schlecht behandelt und ausgestattet worden. Diese Missstände habe man mehrfach bei der Geschäftsführung und dem Präsidium des Kreisverbandes, angeprangert. "Uns wurde nie zugehört und es gab bis letzte Woche keine Gesprächsbereitschaft", bemängelte eine Beteiligte, deren Namen unserer Redaktion bekannt ist. So hätten in Wintern selbst Kleinigkeiten wie warme Socken und Mützen nicht ausreichend zur Verfügung gestanden und Hauptamtliche hätten sich immer wieder ohne Absprache an den Geräten der Ehrenamtlichen bedient.

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Jene Geräte und Fahrzeuge wurden Schilderungen zufolge mittlerweile dem Eigentümer, der Unteren Katastrophenschutzbehörde der Stadt Delmenhorst, übergeben. Diese hätte auch die offizielle Abmeldung der Bereitschaftstruppe bei der Großleitstelle Oldenburg veranlasst. Auf Nachfrage teilte Timo Frers, Sprecher der Stadtverwaltung mit, dass man über die Vorgänge beim DRK informiert sei. Der Katastrophenschutz sei durch die Freiwilligen Feuerwehren und mehreren Hilfsorganisationen weiterhin sichergestellt.

DRK bezweifelt kompletten Rückzug der 53 Ehrenamtlichen

Rudolf Mattern, seit Dezember der neue Vorsitzende des DRK in Delmenhorst, wollte sich auf Nachfrage unserer Redaktion nicht äußern und verwies an die Geschäftsstelle. Florian Schulz, der derzeit den Geschäftsführer Michael Pleus vertritt, sagte: "Dem DRK Kreisverband Delmenhorst liegt derzeit keine Sammlung individueller Rücktritte von 53 Einzelpersonen vor. Es wurde vielmehr eine Sammelerklärung eingereicht, deren formale Gültigkeit und tatsächlicher Rückhalt derzeit im Rahmen einer internen Prüfung überprüft wird." Nach ersten Rückmeldungen sei davon auszugehen, dass nicht alle darin aufgeführten Personen über die Erklärung informiert waren oder dieser aktiv zugestimmt haben.

Unterdessen schilderten Ehrenamtliche gegenüber unserer Redaktion, dass sie am Sonntag und Montag unter Druck gesetzt worden seien, um von der Sammelerklärung zurückzutreten.

Schulz führte derweil aus, dass die Einsatzfähigkeit des DRK uneingeschränkt gegeben sei. Derzeit würden sich weiterhin über 150 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer für das DRK Delmenhorst engagieren. Die Gemeinnützigkeit des DRK Kreisverbandes Delmenhorst ist laut Verband zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Alle satzungsgemäßen Aufgaben – darunter Bevölkerungsschutz, Erste-Hilfe-Ausbildung, Sanitätsdienste und soziale Arbeit – würden ordnungsgemäß und im vollen Umfang erfüllt.

Uneinigkeiten über Dialogverlauf in der vergangenen Woche

Das DRK bestätigte die Aussagen von Ehrenamtlichen, dass es in der vergangenen Woche einen Dialog zwischen Vertretern des Haupt- und Ehrenamts gegeben hatte. Dieser sei laut DRK "konstruktiv und lösungsorientiert" verlaufen. Die zurückgetretenen Ehrenamtlichen sprechen derweil von einer "Farce". Trotz der Rücktritte zeigte sich das DRK laut Schulz weiterhin offen für einen fairen Austausch. Man sei bereit, gemeinsam mit allen Beteiligten an tragfähigen Lösungen zu arbeiten. Das Ehrenamt bleibe ein unverzichtbarer Bestandteil der Arbeit des DRK.

Parallel zu den aktuellen Entwicklungen führt das DRK eigenen Angaben zufolge derzeit interne Prüfungen im Zusammenhang mit der kurzfristigen Abmeldung der DRK-Einsatzeinheit bei der Stadt Delmenhorst sowie der eingeschränkten Zugänglichkeit interner Kommunikations- und Verwaltungsstrukturen durch. "Ziel ist eine sachliche und transparente Aufarbeitung", so Schulz. Kommissarisch haben Michael Pleus, Kreisgeschäftsführer, und Schulz, Bereichsleiter Nationale Hilfsgesellschaft, die Aufgaben der Kreisbereitschaftsleitung übernommen. Eine Neuwahl wird laut Schulz zeitnah angestrebt. Er betonte: "Die Einsatzbereitschaft des Deutschen Roten Kreuzes in Delmenhorst war und ist zu jeder Zeit vollumfänglich gewährleistet. Der Schutz der Bevölkerung war nie gefährdet."

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